Nachhaltige Mode zwischen Trends und Realität

In einer Welt, in der Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus rückt, bleibt auch die Modebranche – und angrenzende Tätigkeitsgebiete – von diesem Wandel nicht verschont. Auch für Image- und Typberaterinnen ist es heutzutage wichtig, sich intensiv mit verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit in der Mode auseinanderzusetzen.

Unser deutschlandweites Imageberaterinnen-Netzwerk CorporateColor hat dafür sogar eine eigene Nachhaltigkeits-TaskForce ins Leben gerufen. Wir möchten den Aspekt der Verantwortung für Mensch und Umwelt im Bereich der Mode bewusst machen und Tipps dazu geben.

Kürzlich besuchten drei unserer Beraterinnen die NEONYT-Messe für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation in Düsseldorf, um sich über aktuelle Trends auf dem Markt zu informieren. (s.o. die CorporateColor Beraterinnen Edith Plegge, Petra Waldminghaus und Sandra Garvens (v.l.n.r.).

Der mittlerweile zweite Besuch der Messe offenbarte jedoch eine etwas ernüchternde Realität: Die Messe war kleiner als im letzten Jahr, die Ausstellerzahl geringer. Nichtdestotrotz gab es auch in diesem Jahr wieder beeindruckende Unternehmen mit innovativen Ansätzen, die wir euch gerne  vorstellen möchten – unbezahlte Werbung.

Messestand wunderwerk

Wunderwerk beweist mit ihren Jeans, dass Nachhaltigkeit möglich ist. (Foto: E. Plegge)

Ein solches Unternehmen ist Wunderwerk, das mit seiner Jeansproduktion beweist, dass Nachhaltigkeit möglich ist. Die Jeans werden mit lediglich 3-9 Litern Wasser pro Hose hergestellt, im Gegensatz zu den enormen 90 bis 160 Litern bei herkömmlichen Jeans. Der Used-Effekt entsteht durch umweltfreundliche Methoden wie Sauerstoffbleiche, mechanische Handarbeit, Laser oder stone-wash, die auf schädliche Chemie verzichten. Diese Produktionsweise reduziert nicht nur den Wasserverbrauch, sondern minimiert auch den Energieverbrauch und die Wasserverschmutzung.

Jeans von wunderwerk

Jeans zum Wohlfühlen – super soft und mit einem Preis von 129,95 € durchaus konkurrenzfähig. (Foto: S. Garvens)

„Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh….“

Leidenschaft zeigt eine Initiative, die sich für Pflege und Reparatur von Schuhen stark macht, um deren Lebenszyklus zu verlängern.  Ebenfalls auf der NEONYT-Messe haben wir Repair Your Pair entdeckt.

Schuh aus Sofaleder

Dieser Schuh ist aus altem Sofa-Leder hergestellt. (Foto: E. Plegge)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deren Vision: Die Reparatur von Schuhen soll zugänglicher, bezahlbarer und einfacher werden. Repair your Pair setzt auf verschiedene Maßnahmen, um nachhaltigen Schuhkonsum attraktiv zu machen. Im Dialog mit Herstellern entwickeln sie Ideen für eine ökologische und faire Produktion. Transparenz bei der Kennzeichnung von Schuhen ist genauso wichtig wie verbesserte Verkaufs-Beratung für bewussten Schuhkonsum. Alternativen zum Wegwerfen werden aufgezeigt, Pflege- sowie Reparaturmöglichkeiten verständlich kommuniziert. Denn unsere Schuhe verdienen mehr als einen kurzfristigen Einsatz und ein vorzeitiges Ende im Müll.

2019 wurden über 24 Milliarden Schuhe produziert, das entspricht 66 Millionen Schuhen pro Tag! Eine unglaubliche Menge und Deutschland spielt eine zentrale Rolle im weltweiten Schuhkonsum. Und „Hand aufs Herz“ – wann bringen wir Schuhe heute noch zum Schuster? Die neuen Modelle sind moderner, attraktiver und das Handwerk des Schuster ist auch nur noch selten in der Nachbarschaft anzutreffen.

Die Zahlen sind alarmierend. Weltweit wird die Auswirkung von Schuhen auf das Klima auf 700 Millionen Tonnen CO2 geschätzt (Quantis, Measuring Fashion (2018), Ritchie& Roser), was ca. 1,4% der gesamten weltweiten Treibhausemissionen entspricht. Zum Vergleich: Flugverkehr und Flugreisen sind für 1,9% der globalen Emissionen verantwortlich (CO2 & Greenhouse Gas Emissions (2020).

„Mein kleiner grüner Kaktus…“ – Gutes Kaufen kann Gutes tun

Anne Schollenberger entwirft Schuhe aus Kaktus-Leder. (Foto: S. Garvens)

Ein weiteres Beispiel für nachhaltiges Handeln ist Anne Schollenberger,  die erkannt hat, dass tierisches Leder nicht nur ethisch problematisch ist, sondern auch die Umwelt stark belastet. Ihr Fokus liegt auf Partnern, die ihre Philosophie teilen. In Portugal produzierte Fashion Accessoires – beispielsweise aus Kaktus-Leder – sind nicht nur nachhaltig, sondern auch fair bezahlt. Ein Teil der Erlöse fließt an die Tier- und Artenschutzorganisation „Promis für Tiere“. Ein schönes Beispiel dafür, dass gutes Kaufen auch Gutes tun kann.

Zero-Waste Couture schafft einzigartige Upcycling-Unikate

Upcylcling-Unikat

Einzigartig und kein bisschen langweilig – die kreativen Upcycling-Unikate von Lea Theres Lahr-Thiele. (Foto: S. Garvens)

Auch Lea Theres Lahr-Thiele hat uns bei unserem Messebesuch ehrlich beeindruckt. Sie ist eine Zero Waste Couture Designerin und Textilkünstlerin, die mit Leidenschaft Deadstock-Materialien durch Lasertechnik verwandelt und daraus zu einzigartigen Upcycling-Unikaten herstellt. Mit ihrem Fokus auf ressourcenschonendes Design und Slow-Couture Kreationen wertet sie hochwertige Materialien auf. Dabei erzählt sie wunderbare Geschichten von der Herkunft der Stoffe, die zum Beispiel aus Überproduktionen oder aus stillgelegten Webereien stammen. Durch studienhafte Materialanalysen und eine Kombination aus innovativen technischen Verfahren und traditioneller Handwerkskunst interpretiert sie Nachhaltigkeit auf unglaublich beeindruckende Weise. Ihre Arbeit vereint hochindustrielle Verfahren mit kleinteiliger Präzision. So erschafft sie kreative Mode mit einer besonderen Historie.

Zero-Waste Couture

Zero-Waste Couture (Foto: E. Plegge)

Textilkunst

Textilkunst als Blickfang. (Foto: E. Plegge)

Hürden auf dem Weg zu nachhaltiger Mode

Trotz solcher Erfolgsgeschichten sieht die Realität der nachhaltigen, fairen Modeproduktion anders aus. Hürden wie hohe Preise, enorme Produktionskosten und mangelnde Subventionierung führen dazu, dass viele kleine Hersteller mit vielversprechenden Ansätzen aufgeben müssen. Ein Weckruf an die Verbraucher: Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir aktiv werden. Die Unterstützung innovativer Unternehmen durch bewussten Konsum ist der Schlüssel, um das Thema nicht im Sand verlaufen zu lassen. Auch Politik und Wirtschaft sind gefragt schnell und konsequent Maßnahmen zu ergreifen, denn hier passiert aktuell noch viel zu wenig.

Die Reise zu nachhaltiger Mode mag steinig sein, aber die Beispiele von Wunderwerk, Lea Theres Lahr-Thiele, Anne Schollenberger und Repair your Pair zeigen, dass sie machbar ist. Und das Fair Fashion weder „zu öko“ noch „uncool“ sein muss.

Es liegt an uns als Verbraucher, durch bewussten Konsum und Unterstützung der richtigen Unternehmen die Branche zu verändern. Weg von chinesischen Ultra-Fast-Fashion-Anbietern und Billigplattformen, denn damit untergraben wir den dringend benötigten Wandel. Im Kleinen können wir alle viel für die Nachhaltigkeit in der Mode tun und so sicherstellen, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Trend bleibt, sondern Realität wird.

Nachhaltig heißt nicht, asketisch auf alles zu verzichten und mit schlechtem Gewissen durchs Leben zu gehen. Nachhaltigkeit heißt, an EINER Stelle bewusst bei sich selbst anzufangen, um einen kleinen Beitrag zu leisten … wenn das jede und jeder tut, dann tut sich auch etwas.

Die Tendenz zu Slow Fashion und Fair Fashion zeigt, dass ein Umdenken bereits begonnen hat. Aber ist das genug? Wann kommt konsequente und sichtbare Handlung auf allen Ebenen? Es wäre fatal, wenn das Wort „Nachhaltigkeit“ durch leere Versprechungen, Greenwashing und fragwürdige Kreislauf-Modelle zu einem bloßen Lippenbekenntnis verkommen würde!

Aber Aufgeben ist für uns keine Option!

Autorinnen: Edith Plegge, Sandra Garvens, Petra Waldminghaus